Der Deutsche und der Service

28. Dezember 2019
Glosse , heute aktuell , Kommentare , Prosa , Zeitgeschehen
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Dem Deutschen mangelt es an Einstellung zum Service. Er hat weder eine adäquate Erwartung noch das benötigte Unterscheidungsvermögen noch den Service.

Für ihn ist die Welt ein Selbstbedienungsladen geworden. Kommt er nicht zum Arbeiten, hat die Welt nur einen Zugang. Der Supermarkt hat für ihn einen Eingang. Im Supermarkt spielt sich dann alles ab. Der Eingang ist später auch der Ausgang.

Sein Ärger ist oft schnell sehr groß und nicht immer berechtigt. Für alles kommt bei ihm eine verkopfte Erklärung, warum etwas wo woran gelegen hat, warum ein Fehler am Service gleich auch ein Verbrechen sei.

Dabei ist Service im Wesentlichen gar keine Kopfsache.

Der Deutsche betreibt diese Unkultur am Service, alles unangenehm zu verkopfen. Der Kopf bleibt also allein zurück, in einem Unverhältnis zu den Dingen. Dinge wollen auf einen Körper reagieren, Körper auf Dinge. Der Deutsche hat aber keinen Körper. Er hat sonderbarerweise eine Masse, die der Kopf, digital an der Mitte vorbei, ansteuert in die Extremitäten hinein. Der Deutsche hantiert mit Extremitäten. Wird er sich dessen bewusst, bekommt er einen Schreck. Er scheut vor diesen Extremen und dem Kontakt, was es auch sei. Er ist berührt und steuert zurück. Er ist deshalb gut in der Erfindung, schafft aber daraus nichts Gescheites. Und Service? Wenn ihm jemand sagt, Service muss sein, wird er zum Simulant.

Im Service sieht die simulierende Seite sich in der Vernunft. Die andere schnaubt vor Wut und fühlt sich beleidigt. Unverhältnis züchtet sich Unverständnis. Dann kommen die Angst und das Gefühl fehlender Anerkennung, vorschnelle Erklärungen und dann im Service eben dieses gewisse Unverständnis auf beiden Seiten, worauf es überhaupt ankommt.

Man muss alles falsch sehen, nicht erkennen, was hier und jetzt nicht erwartet werden kann. Der Deutsche ist also kindisch, steckt fest in der Trotzphase. Er will nicht begreifen und kann es auch nicht. Wenn etwas schön war, weiß er nicht wie ihm geschah, warum etwas, wider Erwarten, schön war, denn, während es schön war, bekommt er es nicht mit. Es dämmert ihm erst danach, wenn er im Auto sitzt und nach Hause fährt. Der Deutsche ist tief verunsichert. Er versteht mit seinem Weltzugang einfach nichts und er ist unglücklich deshalb. Und sagt sich selbst, reden wir nicht drüber.

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