Crisper CAS 9, Biohacker und Braunbären

10. August 2018
Zeitgeschehen
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https://www.zeit.de/zeit-wissen/2018/03/biohacking-selbstversuch-gentechnik-crispr-genetik-selbstversuch-cyborg/komplettansicht

 

Man muss zu Biohackern keine besondere Meinung haben. Jeder, der seine Studien treibt und sich ein klein wenig mit Gesellschaft auskennt, weiss jetzt schon, Biohacking transformiert die Gesellschaft in den nächsten Jahren, weil die Gesellschaft sich bewusster wird, wie sehr sie Biohacking evolutorisch will. Biohacking wird das Massenphänomen werden, Hobby, Investment und für Professionals verschiedenster Sparten und Liebhabereien. Crisper CAS 9 hört sich an wie Popcorn und hat mehr Sex als Bioladen. Und so wird es sein. Ohne Biohacking wird man sich die Gesellschaft gar nicht mehr vorstellen können, wie wir uns nicht ohne Internet. Biohacking wird eine Sparte wie Tourismus. Biohacking wird, selten wie kaum etwas, auf vielfältige Weise den Markt vergrößern. Dieses ungebundene Frischfleisch vor neuen Möglichkeiten hat den Kirmeseffekt, selbstinfizierend. Dazwischen laufen dann die echten Maschinen. Wenn die Gesellschaft überhaupt etwas will, wird Biohacking es eben machen oder noch nicht möglich sein und eine Poser-Diversifikation nie gekannten Ausmaßes als Flut lostreten. Der Normalo wird es sein auf einem immer währenden Karneval der Biokulturen. Er betreibt das gleich wie heute das Tatoo oder die Ringe, wo auch immer, bloß holografisch mit Weltanschauung inklusive. Die konzerneigenen Maschinen werden Influenzer, Trendsetter in der Biomode. Die Petrischale wird größer. Was sollte die Gesellschaft als Natur denn sonst wollen, wenn sie durch Technologie mehr zu sich kommt? Technomania wird als Natur verstanden und uns auch angemessen vor der Sonne schützen.

Der Artikel von Max Rauner handelt also davon, was man davon hat, in der Zeitrille zu früh zu sein, von der heutigen Isolation der Outcasts, die nichts anderes sind als die Vorläufer der neuen Normalen von etwas Später. Der Terror des Normalen klebt an ihnen, kommt in den USA hinter ihnen her.
In manchen Gegenden, außerhalb dessen, was heute noch normal sein soll, gibt es in den USA wohl aber noch reichlich viel Platz. Der Normale dort, erkennbar klaustrophob, wie der Normale als Typus hier. Warum sollten sich Normale auch groß im Verhalten von einander unterscheiden?

In Deutschland hält die Regel, wie ein Denkmal von Bismark, eisern die Wacht: Wenn der braune Bär von Osten kommt, die Oder durchquert und sich hier umschaut, totsicher wird auf dieser Seite des Flusses erschossen. Das gilt hüben in den USA wohl nicht, wie drüben im nahen Osten auf der östlichen Seite der Oder eben auch nicht. Wie sonst käme der Braunbär bis zum Fluss…und auf die Idee… Ängstlich erscheint der Deutsche nur, will man ihm, aus Irrwitz, was zu Gute halten. Spulte man Thomas Bernhard als Kulturform ab, käme man zum eigentlichen Österreicher, dann, ohne was zu Gute halten (für was?), zu “konsequent dumm erscheinen” im ursprünglichen Sinne von ausbleibender Lernfähigkeit und, hoch gesprochen, zu “unvorteilhaft”. Man träfe auf den Deutschen.

Dirk Baecker ist in seinem neuen Buch “4.0” (Merve 2018) für uns deshalb einen Augenblick lang ein verkappter Romantiker. Er schreibt (auf Seite 27), hier aus dem kybernetischen Zusammenhang gerissen: “Die Gesellschaft übt die Akzeptanz neuer Medien der Kommunikation im Medium ihrer Ablehnung”. Der Deutsche aber, er übt nicht, auch wenn die Soziologie es gern hätte, damit Soziologie Sinn macht. Seine, wie die des Chinesen, Resistenz liegt hinter den Medien. Er hat es gelernt, wie alle Heerscharen, insbesondere auch der Chinese im Geschäftsleben, sich so lange im Falle eines Fehlers dumm zu stellen, bis er sich seiner während dem Verhalten gestalteten Form angeglichen hat, weil man letztendlich in der Gesellschaft nicht nicht kommunizieren kann (P. Watzlawik). Dies kann bereits in einer kleinen Sache tagelang so gehen. Darin steckt gewiss eine evolutorische Rafinesse (Unnötiges fällt weg, dafür wird aber die Ressource Zeit bis unendlich verbraucht), aber auch eine Selbstüberlistung, denn solange es vorteilhaft ist, glaubt man es ein Stück weit selber, auch wenn man vor einer Lösung stirbt. Saturiert hat der Spießbürger unter sich, dort und hier, jeweilig seine Spießgesellen. Gefährlich wird es, wenn diese in ihrer Gesellschaft spezialisierte Jäger haben, die sich solcher Fälle wie des besprochenen Braunbären annehmen. Kurz gesprochen, Medienkompetenz des Deutschen ist es, die neuen Medien nicht abzulehnen, sondern mit dummen Blick aufzusaugen, in der Absicht sich darin noch ausdrücklicher genauso zu verhalten wie vorher schon gewünscht, als man noch fern dieser Kompetenz war. Medienkompetenz führt nicht einmal zu neuem Wünschen. Wünsche könnten so intelligtent sein! Das, zum Re-Entry (was nicht nur bei George Spencer Brown mystisch und ominös bleibt) der Medien in sich selbst oder in die Gesellschaft, möchte man diese mit diesem geselligen Ausdruck bezeichnen. Auch fehlen zunehmend die “paradisischen Farben”, wo noch Hoffnung war:

“Man konnte nur Ich! Ich! sagen, stammeln, lechzen, aber mit diesem hohlen Stirner´schen Ich liess sich Ball spielen; es war eine Seifenblase, aber in paradiesischen Farben. Aus diesem Nichts spann man seine ganze Welt hervor, diese flachste graueste aller Abstractionen gab Hochgebirge her und purpurne Sonnenuntergänge: mit ihr erlebte man Dramen, deren jegliche Person Ich hiess. – “

(Felix Hausdorff, Gesammelte Werke, Band VII, Seite 272, (1897) 2004, Springer Verlag)

Übrigens: Ohne Re-Entry als Metaphysik – dann hat George Spencer Brown Plattitüden-Charakter.

 

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