Wer ist eigentlich der Adressat der Demonstrationen gegen Rechts?

30. Januar 2024
Geschichte , Glosse , heute aktuell , Kommentare , Zeitgeschehen
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Ali Utlu bringt es auf X auf den Punkt:

Keiner unsere Probleme hat mit der AfD zu tun.

Niemand demonstriert wegen der Wohnungsnot.

Niemand demonstriert wegen der Inflation.

Niemand demonstriert wegen der Masseneinwanderung.

Niemand demonstriert wegen des Antisemitismus.

Niemand demonstriert wegen der Altersarmut.

Niemand demonstriert wegen der Energiepreise.

Niemand demonstriert wegen des Islamismus.

Niemand demonstriert wegen der Staatsverschuldung.

Und genau deswegen sind die Demos Nebelkerzen.

Itzehoe
Itzehoe

Bedeuten diese Aufzählungen von Ali Utlu für viele weitere Menschen tatsächlich Missstände – oder Dinge, die man nicht ändern kann, wie, wenn sie bspw. Wetter bedingt wären oder doch gar nicht so schlimm? Wären sie eingestuft als Missstände, bliebe einem meinetwegen noch wegzuziehen dahin, wo es besser wäre, bspw. mehr Sonnenschein.

Zieht man diese Möglichkeit erst gar nicht in Betracht, kann man als weitere Möglichkeit auch einfach das Wetter oder, hier, die Missstände ignorieren. So macht man es.

Die Missstände benennen und ändern zu wollen, ist offensichtlich nicht gewollt.

Zur Frustabfuhr über die dennoch existierenden Missstände, die man nicht ändern kann oder will, nicht sehen will, nimmt man sich etwas vor, gegen das man wettern will, was nichts mit diesen Missständen zu tun hat, aber erlaubterweise als ein großes Übel gilt. Diese Verschiebung ist nicht unbedingt sympathisch. Man kann das auch als einen Ausdruck von Ignoranz werten.

Anstelle zu meckern, zeigt man sich von der guten Seite. Es wäre in der Freudschen Schule zu bohren, was neben einer typischen Verdrängung das für eine psychische Handlung ist.

An diesen Umständen dieses drolligen Selbstumgangs sind Wahlen verantwortlich. Auch Wählen gehen die Menschen selbst.

Ist es ein Wunder, wenn die Eliten dieses Volk nicht mehr ernst nehmen?

Umfragen über den Anteil der möglicherweise AFD wählenden Menschen kommen von den Menschen selbst und werden verursacht von den Umfrageinstituten. Hühner, die ins Holz hacken anstelle in den Hahn, würden sich über die Umfrageinstitute aufregen.

Regierungsmitglieder gehen demonstrativ mit demonstrieren.

Wer ist eigentlich der Adressat der Demonstrationen gegen Rechts?

 

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Was soll daraus bloß noch werden?

 

Julien Reitzenstein schreibt am 19.1.2024 in DIE WELT: “Einzig Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung haben das Recht, ein Parteiverbot beim Bundesverfassungsgericht zu beantragen. Wenn sich aber der Bundeskanzler, die Ministerpräsidenten und Abgeordnete an Demonstrationen für ein Parteiverbot beteiligen, so ist das nicht nur eine offenkundige Ablenkung von der eigenen, zu Protest führenden Politik. Es führt auch zu einer verfassungsrechtlich bedeutsamen Frage: Demonstriert da Olaf Scholz für die Auflösung eines politischen Wettbewerbers seiner Partei – oder demonstriert da der Bundeskanzler als Verfassungsorgan gegen die Existenz einer in einem anderen Verfassungsorgan vertretenen Partei?

Er schreibt weiter: “Wenn die Politik Weimarer Verhältnisse vermeiden will, sollte sie statt immer neuer Bevormundungen vertrauensvoll Freiheit gewähren. Wer aber notwendige Debatten unterbindet, weil diese „Wasser auf die Mühlen“ von Wettbewerbern wären, verspielt das Vertrauen der Mehrheit in die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Deren Feinde warten schon vor allen Toren auf diesen Moment.”

Dem letzten Satz ist wenig hinzuzufügen. Die Lage ist also ernst und prekär, die Mittel begrenzt.

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